21.06.2009 bis 19.07.2009

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Schwarze Seele in seiner Brust
Künstler, Kunstvermittler, Sammler – der Vorsitzende des Kunstvereins Aalen, Artur Elmer, wird heute 70

Normalerweise begegnet Artur Elmer einem im Design des großen Gatsby. Heller Anzug, manchmal ein Hut. Heute trägt er eine weiße Trainingsjacke über der Sporthose. In der Galerie des Kunstvereins! Der Siebzigjährige ist noch nicht dazugekommen, sich vom Tennismatch umzuziehen. Eine Gruppe von Besucherinnen möchte durch die aktuelle Ausstellung geführt werden. Dort, im Alten Rathaus der Stadt Aalen, ist Artur Elmer häufig anzutreffen. Denn der Kunstverein, den er vor 26 Jahren mit aus der Taufe gehoben hat, kommt gleich nach Frau Heidrun und seiner Liebe zu Afrika.
Wolfgang Nussbaumer

Afrika. Back to the roots – zurück zu den Wurzeln. „Mein Weg war vorgezeichnet“, erklärt Artur Elmer. Mit sechs begann er Geige zu spielen, mit acht Jahren ergab es sich, dass er sein Leben mit der Kunst verbringen würde. Seine Mutter, so erinnert er sich, „hatte Freude an den Dingen, die unnütz sind“. Der Großvater, ein Töpfer, hat ihm „wunderschöne Puppengeschirre“ gemacht. In der Werkstatt des Onkels hat er dann selbst gelernt, Ton in Form zu bringen. Ein Handwerk mit archaischer Tradition.
In einer Vitrine im Kunstverein steht ein tönerner Gedenkkopf der Ashantikultur. „Für uns waren damals die Expressionisten wichtig“, sagt Elmer wenig später. „Damals“, das ist für ihn die Zeit beim ihn prägenden Kunstlehrer Sieger Köder und an der Uni. Er hat die Bücher und Kataloge mit den Künstlern, die ihren Farben- und Formenkanon aus fernen Kulturen speisten, förmlich verschlungen. Da hat der Künstler und Sammler Artur Elmer Blut geleckt. Afrika, das schwarze Afrika, wurde seine Passion. „Mich hat fasziniert, wie diese Künstler mit wenigen formalen Mitteln ein Menschenbild geschaffen haben.“
Mit berechtigtem Stolz erinnert er an schwarzafrikanische Künstler, deren Werke im Kunstverein Aalen gezeigt worden sind und die später bei der „documenta“ in Kassel oder der „Biennale“ in Venedig für Furore gesorgt haben. Künstler, die sich emanzipiert haben und dennoch in ihrer Kultur verwurzelt sind. Je mehr er sich mit diesen Völkern und ihren Kulturen beschäftigt hat, umso mehr ist ihm die Bedeutung dieses kulturellen Erbes bewusst geworden. Der stark ausgeprägte Bezug zum Rituellen sei in den westlichen Zivilisationen durch die zunehmende Profanisierung der Welt weitgehend verloren gegangen, stellt er fest. Mit bedauerndem Unterton.
Denn die Suche nach der Transzendenz ist für ihn ein wesentliches Ziel von Kunst. Nicht im Sinne von Religiosität sondern von Spiritualität. Hier kommt der Faktor Zeit ins Spiel. Zeit wird im Kulturkreis der einst im südlichen (heutigen) Ghana ein mächtiges Reich beherrschenden Ashanti ganz anders empfunden. Nicht als messbare Arbeitsspanne.
Ob er denn selbst genügend Zeit für seine Kunst habe? Artur Elmer pflegt auf Fragen gerne mit Gegenfragen zu antworten. „Was ist schon genügend?“ Manchmal kommt er eben nicht dazu. Das sei dann eine Chance, Distanz zu sich selbst zu gewinnen. Pause. Dann fährt er fort. Entschieden. „Kunst selbst zu machen ist mir am wichtigsten. Das ist mein Leben.“
Zuvor hatten wir darüber geredet, wie wichtig die Vermittlung von Kunst sei. Der Versuch, den Menschen die Augen zu öffnen. Kommunikation ist für den Vorsitzenden des Kunstvereins und ehemaligen Kunsterzieher am Theodor-Heuss-Gymnasium in Aalen ein Zauberwort. „Antworten entwickeln sich im Dialog.“ Den „Boot“-Autoren, Maler, Fotografen und Sammler Lothar-Günter Buchheim – wahrlich kein pflegeleichter Typ – der wiederholt in Aalen zu Gast war, hat er beispielsweise „als Mitleidenden, aber auch Mitteilenden“ empfunden. Mitteilen bedeutet für Elmer immer auch teilen. Vermitteln heißt, sein Wissen, seine Erfahrung mit andern zu teilen. Deshalb macht er auch Ausstellungen. „Ich will etwas zeigen und damit auch etwas aussagen.“ Anderen Menschen „einen Teil der Kultur unseres Globus’ zu vermitteln, der ihnen sonst entgangen wäre“, das räumt er gerne ein, ja, das mache Spaß.
Von Afrika aus hat er den Besucherinnen und Besuchern des Kunstvereins inzwischen weitere Kontinente erschlossen. Kunstvermittlung und eigenes Schaffen versteht er komplementär. In diesem Spannungsfeld sucht er bis heute unermüdlich die existenzielle Frage zu beantworten: „Was macht unsere Existenz aus, was macht sie reich?“

Ausstellungseröffnung: In der Rathausgalerie Aalen wird am Sonntag, 21. Juni, 11 Uhr, eine Ausstellung mit Werken von Artur Elmer eröffnet.
© Schwäbische Post 29.05.2009